mrt statt Diagnose – sinnvoll oder nicht?

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Von krisTUS

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MRT Bandscheibenvorfall Labrum Verletzung Schulter Physiotherapie

„Ok, also soll ich jetzt noch ein (anderes) MRT machen!?“

Kennst du diesen Gedanken? Ein MRT machen – also Magnetresonanz-Tomograph – für eine Diagnose? Für deine Probleme, Schmerzen, damit du ENDLICH weißt, was du tun kannst? Das Problem?

Ein MRT hilft dir NICHT bei der Diagnose!

Ein MRT dient PRIMÄR dazu, dass rote Flaggen („Red Flags“) abgeklärt werden – also Tumoren, Infektionen, Frakturen oder halt irgendwas ganz „Verrücktes“, was man nicht auf dem Schirm hat – also etwas, was, wenn man es nicht SOFORT behandelt, irreversible Schäden verursachen und dir langfristig schaden kann! Kann.

Screening in der Physiotherapie Red Flags

Beispielsweise der gute alte Bandscheibenschaden – das ist KEINE Red Flag, sondern eine „Bagatelle“ die in 99% der Fälle Yolo-Swag fast scheiß egal ist. Klar, du solltest wissen was du tust, aber ein Bandscheibenvorfall wird in 2/3 er Fälle – fast egal was du machst – spontan resorbiert (siehe z. B. meinen Insta-Beitrag dazu). Und dazu findest du sowieso bei fast JEDEM Menschen einen positiven Befund im Bild (MRT), auch wenn es gar keine Symptome gibt! Schau dir folgenden Fall an:

Du hast einen asymptomatischen Bandscheibenschaden – also du hast keinerlei Schmerzen, keine Ausfälle, keine Probleme und kannst 300kg Kreuzheben, 150kg Bankdrücken, sprinten, sprinten, bumsen, egal, du kannst alles und hast einfach keinerlei Probleme. Jetzt gehst du zum MRT: Es wird ein Bandscheibenschaden gesehen! OCH DU MEINEGÜTE – der Radiologe tanzt im Kreis, der Chirurg zückt das Messer und du bist verunsichert! Was jetzt? Nichts was jetzt!

Wenn du über 30 Jahre alt bist, dann wird man zwangsläufig Veränderungen der Wirbelsäule sehen, auch Bandscheibenschäden, Arthrosen, Tendinosen und vieles mehr – das ist normal, das ist ok, das ist NICHT behandlungsbedürftig und das kann sich, aber muss sich, mittel- oder langfristig gar nicht ändern auf dem Bild; also das Bild ist da, du hast jetzt (und später) – trotz dieser Bildgebung – aber keine Problem und du machst daraus? NICHTS! Und das ist ok. Du trainierst, bewegst und lebst heiter weiter.

Das kann aber, du kannst es dir denken, („psychoemotionale“) Probleme auslösen, du kannst Angst entwickeln – wenn dir das Wissen aus diesem Beitrag fehlt und du das, was du siehst oder was dir gesagt wird falsch interpretierst und danach auch noch die falschen Schlüsse ziehst und „falsch“ handelst. Z. B.: Du hast wie gesagt keinerlei Probleme, aber der MRT-Befund schreibt was von „Diskrete Osteochondrose in den Segmenten L1/L2, L3/L4, dehydrierte Disken der gesamten Lendenwirbelsäule, Protrusion L4/L5, mediane Bandscheibenprotrusion L5/S1, Ödembildung…“ – du denkst, du bist kaputt, oder? UND GENAUSO WIRD ES DIR AUCH GESAGT – vom Doktor vom Radiologen, vom Therapeuten, leider. Und das ist ein großes LEIDER! Die Kommunikation im Medizin- und Therapie-Sektor muss sich GRAVIEREND verändern, weg von der Angstmache, hin zu lösungsorientierten und ursächlichen Behandlungen und Strategien!

Kurze Anekdote: Ich hatte vor gut 9 Monaten ein echt dickes Knie, Schmerzen des Todes, konnte rein gar nichts machen – nicht stehen, gehen, nicht beugen oder strecken – aber arbeiten, das muss ich trotzdem… ja ich weiß, unfaire Welt – und das in einer Welt in der dir jeder etwas von „passiven Einkommen“ erzählt… Mein Meniskus war gerissen, oder? JEIN! Den Riss habe ich seit 20+ Jahren, da bin ich beim Breakdance einmal gestürzt und auf dem ersten MRT mit 17 Jahren war da schon ein Meniskusschaden sichtbar. Jetzt ist das Knie gealtert, wie das so ist, 20+ Jahre später siehts halt anders aus, aber ich konnte in diesen 20 Jahren damit sprinten, springen, Saltos machen, schwer Kreuzheben und so weiter. Da hab ich akut etwas mehr in der tiefen Hocke gemacht, mobilisiert, etwas zu schnell die Belastung gesteigert und dann… stieg ich aus der Badewanne aus und konnte das Knie nicht mehr strecken, beugen, nicht auftreten – ich lief am Schreibtischstuhl (also zum Rollator umfunktioniert). Sah witzig aus, meine Großmutter wäre stolz auf mich gewesen… MRT nächsten Tag zeigte einen großen Meniskusschaden in allen Richtungen – das nennt man „degenerativer Meniskusriss“ und alle Daten zeigen, dass diese Art der Risse meist asymptomatisch ist UND NICHT OPERIERT WERDEN SOLLTE bzw. die Ergebnisse zwischen operativ oder konservativ nahezu gleich ausfallen – ok, der Radiologe meinte: DAS MUSS AUF JEDEN FALL OPERIERT WERDEN, das wird so nicht mehr gehen.

Gründe für Verletzungen:
Früher: Vom Baum gefallen, vom Auto angefahren, Kickboxen…
Heute: Niesen, Bücken, morgens aufstehen, aus der Badewanne aufstehen…

Ein Fragment war „abgerutscht“ und auf alle Fälle eingeklemmt. Durch eine Mobilisierung konnte dieses Fragment gelöst werden – ich hatte tatsächlich einen OP Termin, weil es halt nicht klappte, das Knie blockierte (einzige OP-Indikation?), zum Glück hatte sich das Problem von „alleine gelöst“ (also ich konnte das nach tagelangem „fummeln“ lösen) und jetzt, kein Jahr später, mach ich wieder 250+ kg Kreuzheben, sprinte, springe und das MRT-Bild hat sich vielleicht kein bisschen verändert? YOLO… SWAG! Ein bisschen können, ein bisschen Glück, ein bisschen von allem – was ich sagen möchte: Die komplexen Rissmuster hat der Meniskus immer noch und der heilt auch nicht zusammen, aber ich kann halt einfach alles damit machen.

Arzt: „Nach dieser Verletzung werden Sie nie wieder Sport machen können!“
Patient: „GOTT SEI DANK!“

MRT-BILDER liefern KEINE Diagnose!

Ich hoffe es ist klar was ich sagen möchte? Ein MRT hat NICHT zum Ziel die Diagnose zu stellen – wenn, dann dient es dazu die Diagnose (~ Hypothese) zu „sichern“, welche man auf Basis einer klinischen Untersuchung und sauberen Anamnese aufgestellt hat.

Also es bringt dir NICHT mehr, NOCH ein MRT zu machen – warum überhaupt noch eins? Achte: Bei vielen Pathologien sieht man auf dem normalen, nativen, liegenden MRT ohne Kontrastmittel nichts, obwohl es Schäden gibt! 2 Beispiele: Bei Bandscheibenproblemen der Wirbelsäule oder bei Labrumverletzungen der Schulter wird in bis zu 70%+ der Fälle ein Schaden übersehen. Dir sagt dann der Doc, Radiologe o.ä.: „Ok, das MRT ist ohne Befund, davon können ihre Schmerzen nicht kommen“. Aber oft reicht ein normales MRT im Liegen und ohne Kontrastmittel einfach nicht aus um die Schäden sichtbar zu machen – beim Bandscheibenschaden brauchen wir oft ein „Upright“ MRT um DEUTLICH mehr zu sehen und bei der Labrumverletzung der Schulter (SLAP Läsion) ein zusätzliches Kontrastmittel.

Aus einem Artikel zum Thema Upright-MRT:

It has been demonstrated that the scanning position is important in the outcome of the MRI examination of the lumbar spine. 

Oder:

Given the ability to dynamically position a patient into extension, flexion, rotation, or side-bending under axial load, a clinician is able to replicate the physiologic conditions that incite a patient’s symptoms and allows for the evaluation of the unique anatomical relationship between the spine and adjacent structures that underlies a patient’s specific clinical presentation. The collection of studies in this review promotes the notion of WBMRI as an effective tool in assessing an array of spinal pathologies with a higher degree of specificity and sensitivity as compared to other imaging modalities.

Kurz: Du siehst halt DEUTLICH mehr als in einem normalen, liegenden MRT (ohne Kontrastmittel).

Ich will jetzt aber nicht die Pferde scheu machen, ein großes ABER: Auf der anderen Seite sind Schäden, die man auf dem MRT-Bild sieht, gar nicht so entscheidend und haben nicht zwangsläufig etwas mit den Symptomen zu tun. Das zweite aber, was ich in diesem Kontext mit einstreue: Ich bin mir nicht sicher, ob die neue Datenlage zum Thema Standing- und Upright-MRT etwas an dieser Aussage ändern wird, ich bin auf alle Fälle sehr gespannt!

Physiotherapie Behandlung Bandscheibenvorfall SLAP Läsion Diagnose sportunfähig

Wenn du ein Patient im  Jahr 2040 bist, was ist wohl das wichtigste, was man beachten sollte?

Das wichtigste ist, dass der Patient gesehen wird, dass der Patient gehört wird, als Mensch und Individuum und nicht nur als eine Sammlung von Laborbefunden und MRT-Bildern!

Ist ein MRT also nutzlos?

Mitnichten. Aber wie sieht dann eine saubere Diagnose aus und was mache ich mit den Informationen? Also erst einmal: Alles ist nur ein Puzzle-Stück und sollte im gesamten Kontext betrachtet werden. Um wen geht es? Was sind Ziele, Ambitionen, Alter, Vorschäden, zusätzliche körperliche Probleme, Wundheilungsmöglichkeiten, Instabilitäten etc.?

Erst machst du eine Anamnese – der Patient SAGT DIR SEINE DIAGNOSE – dann machst du eine klinische Untersuchung*, also du schaust ob du Bewegungen und Strukturen ausfindig machen kannst, welche die Beschwerden auslösen und erklären – das liefert dir wichtige Informationen zur nachfolgenden Behandlung und Reha-Planung („Return to activity“ / „Return to sport“). Das MRT kann mal sinnvoll sein, um diese Hypothese zu sichern und damit man nichts übersieht – auch, sollte eine Operation im Raum stehen, ist es sinnig ein MRT zu machen, um Dinge zu erkennen, welche möglicherweise mal die Beschwerden erklären oder die man vor der Operation wissen sollte: Infektionen, instabile Fragmente, Knorpelschäden / freie Gelenkkörper (sogenannte „loose Bodies“), Frakturen, Instabilitäten (benötigt oft ein Funktions-MRT) und so weiter.

Das Problem an MRT´s ist, dass es oft zu unnötigen Operationen führt (fehlende Aufklärung!), zu mehr Schmerzmitteleinnahme (für Dinge die gar nicht problematisch sein müssen) und, dass sie „Bilder und Gedanken“ im Kopf des Klienten erzeugen, die NICHT förderlich sind!

Denn was tut da eigentlich weh? Naja, Schmerz ist super komplex – Einsamkeit, Schlafstörungen, Nährstoffmängel und andere Ernährungsfehler und „Stoffwechselprobleme“ können schmerzverstärkend wirken und dann: Ja, Gewebeschäden können natürlich zu Schmerzen führen, aber letzt sagte mir ein Klient, der das, was ich ihm sagte super, WIRKLICH SUPER, zusammengefasst hat: „Also ist da jetzt gar nichts kaputt, sondern das Gewebe nur etwas irritiert, richtig?“ – RICHTIG!

Und was macht man bei einer Irritation? Man nimmt den Reiz einmal für eine kurze Zeit raus, lässt die Irritation abklingen und dann, dann ist man wieder tutti kompletti!

Lass dich also nicht vom Foto blenden, hör auf deinen Körper und lass es uns an dieser Stelle einfach mal nicht zu kompliziert machen!

Danke für deine Zeit,

gute Besserung,

Chris

Achso, noch einen zum schmunzeln:

Arzt schaut sich die Röntgenbilder an und sagt „oh ja, genau das hatte ich erwartet!“
Patient so: „Ohje, was denn?“
Arzt so: „Knochen!“

* Wenn du selbst gerne ein besseres Verständnis zum Thema Befundung, Diagnostik und Anamnese haben möchtest, dann empfehle ich dir meinen Workshop dazu: MANUELLE GELENKBEFUNDUNG UND LÖSUNGEN AUS 20 JAHREN PHYSIOTHERAPIE – hier zeige ich dir die Theorie, Praxis und Interpretation evidenzbasierter, valider und praxisrelevanter Testbatterien für die Identifizierung unterschiedlicher Gelenk- und Strukturprobleme, sowie deren Interpretation und wichtiges Know-How zur Rehabilitation und Einschätzung der Befunde.

Für alle Trainer, Therapeuten, Ärzte UND Betroffene von Verletzungen und Schmerzen, empfehle ich natürlich mein neues Buch: Diagnose sportunfähig! Dort lernst du noch viel mehr zum Thema, Bildgebung, Anamnese, Rehabilitation von Verletzungen und Schmerzen, Ernährungsstrategien für Physiotherapeuten und und und – mehr als 500 Seiten feinste Lektüre, aktuell, evidenzbasiert und mit 1000ten von wissenschaftlichen Quellen; auf letztere habe ich in diesem Beitrag verzichtet, da ich gerade im Urlaub am Tisch sitze, einen Cappuccino schlürfe und einfach mal Bock hatte einen kleinen Beitrag zu schreiben, der dir hoffentlich etwas helfen und Angst nehmen kann! Für jede Aussage gibt es aber zahlreiche Quellenbelege, Quelle: Vertrau mir, Bro!

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Hi mein Name ist Chris Eikelmeier, Gründer von Strength First und von der Nahrungsergänzungsmittel-Marke Götterspeise. Ich bin Therapeut, Athlet und Trainer und ich liebe es zu schreiben. Ich saß im Rollstuhl, war dummerweise schon einige male größer verletzt, hatte Reizdarm, Allergien und... schon lange nicht mehr. Patienten aus dem gesamten deutschsprachigen Raum reisen zu uns an, für eine Beratung oder ein Event von uns. Was ich glaube? Ich glaube, dass sich schwere Gewichte nicht von alleine heben. Genauso bin ich der festen Überzeugung, dass sich dein Körper, deine Gesundheit, von jeder Situation wieder erholen kann. Und auch, dass Gesundheit nicht kompliziert sein kann. Wenn du weißt wie? Deshalb schreibe ich diesen Blog. Mehr zu mir.

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